Hier kursieren einige Gedankengänge, die ich für verkehrt halte. Nicht wenige davon sind, radikalisiert man sie, faschistisch. Ergänzend wird ein Haufen Halbwissen in die Diskussion eingebracht, das schlichtweg falsch ist. Das betrifft beide Seiten. Ich werde versuchen euch den Kommunismusbegriff etwas näher zu bringen, damit ihr zukünftig auch Ahnung habt, wenn ihr darüber debattiert.
Es ist natürlich auch klar, dass man das alles noch viel detaillierter behandelt könnte. Aber das würde den Rahmen sprengen. Ich werde jedoch unten ein paar Links hinzufügen, die tiefer in die Thematik eintauchen. Außerdem werde ich Postings aus anderen Foren einfügen, die ins Thema passen. Wenn diese nicht von mir sind, werde ich das anmerken.
1. Der Kommunismus
Der Kommunismus ist für uns nicht ein Zustand, der hergestellt werden soll, ein Ideal, wonach die Wirklichkeit sich zu richten haben [wird]. Wir nennen Kommunismus die wirkliche Bewegung, welche den jetzigen Zustand aufhebt.
-Karl Marx, Die deutsche Ideologie
Das heißt: der Kommunismus ist kein Zustand, den Kommunisten im Kopf haben und den sie erreichen wollen. Kommunismus ist die Negation von Herrschafts- und Ausbeutungsverhältnissen - und das bedeutet, die Negation des Kapitalismus. Darum ist zu klären, was Kapitalismus ist, und erst dann kann verstanden werden, was der Kommunismus ist.
2. Die kapitalistische Ökonomie
Der Kapitalismus ist zuallererst einmal eine warenproduzierende Gesellschaft. Eine Ware ist ein Produkt, das ausgetauscht wird. Das bedeutet : die Leute stehen in einer solchen Gesellschaft in Konkurrenz zueinander - ich mache Gewinn, wenn ich anderen schade.
Die Ware ist der Form des gesellschaftlichen Reichtums im Kapitalismus. Ein Stuhl ist nicht nur Stuhl, sondern er ist auch eine Ware - auf den ich mithilfe anderer Waren (meistens: Geld) zugreifen kann. Er hat einen Wert. Der Wert ist bestimmt durch das Wertgesetz. Dieses ist in einer warenproduzierenden Gesellschaft notwendig, weil es keine Planung der Produktion gibt und alles über die Anarchie des Marktes geregelt wird. Es besagt, dass der Wert einer Ware nichts weiter ist, als d
ie für ihre Produktion nötige gesellschaftlich durchschnittlich notwendige Arbeitszeit. Das ist ganz logisch: steigt die Produktionszeit, steigen die Lohnkosten und damit der Preis. Der Preis ist aber noch nicht dasselbe wie der Wert. Denn: natürlich gibt es auch noch soetwas wie Angebot/Nachfrage, wodurch der Preis sich ändert - ABER, der Preis bewegt sich immer um den Wert herum.
Es gibt im Kapitalismus zwei besondere Waren: die Ware Arbeitskraft und das Geld.
Ich werde anfangen, über Geld zu schreiben. Hierzu ist auch nötig, den Kapitalbegriff zu klären. Geld ist zuallererst einmal Privateigentum. Es existiert aber abgetrennt vom wirklichen Reichtum - darum wird es in der marxistischen Theorie "abstrakter Reichtum" genannt. Mit Geld kann ich auf die Mittel meines Bedarfs zugreifen - und damit andere davon ausschließen. Dieser Ausschluss wird täglich reproduziert durch den Staat, der das Privateigentum garantiert: wir haben es also mit einem Gewaltverhältnis zu tun.
Geld ist aber noch mehr: es geht in dieser Wirtschaft nämlich darum, aus Geld mehr Geld zu machen. Das heißt, ich habe eine Summe Geld, die ich investiere: in Maschinen, Strom, Fabriksgebäude, Rohstoffe etc. Wenn ich diese Investitionen tätige, wird der Wert meines Eigentums nicht weniger. Er ändert nur seine Form. Analog investiere ich in Arbeitskräfte: Lohnkosten. Diese bearbeiten Rohstoffe mithilfe der Maschinen, usw. und fügen somit mehr Wert zu, als diese vorher hatten - und selbstredend auch mehr, als sie an Lohn bekommen, sonst wäre die ganze Angelegenheit ein Nullsummenspiel für den Kapitalisten. Er würde der Konkurrenz unterliegen und ginge in Konkurs. Das ändert aber nichts an der Ausbeutung.
Und das ist auch Kapital: Wert, der verwertet wird, aus dem mehr Wert gemacht wird.
Und das ist auch der Übergang zur Ware Arbeitskraft:
Die, die nicht genug Geld haben, um andere für sich arbeiten zu lassen, sind darauf angewiesen ihre Arbeitskraft zu verkaufen. Das besondere an der Ware Arbeitskraft: sie produziert mehr Wert, als sie selbst wert ist. Die Differenz wird Mehrwert genannt und besteht aus unbezahlter Arbeit, die sich der Kapitalist aneignet.
Der Preis der Ware Arbeitskraft (=Lohn) wird durch zwei Gesetze bestimmt:
1) Durch das ganz normale Wertgesetz. Ist für eine Arbeitsstelle mehr Produktionszeit (=Ausbildung) nötig, wird mehr dafür bezahlt.
2) Durch den Klassenkampf. Streik -> höherer Lohn.
Fassen wir zusammen:
Der Wert einer Ware ist die Arbeit, die darin steckt. Das Geld ist der abstrakteste Ausdruck dieses Werts. Profit - also auch Wirtschaftswachstum - ist nur durch die Ausbeutung der Arbeiter möglich. Das heißt, sie sind die angeschissenen dieser Wirtschaft.
3. Der Staat
Wie oben dargelegt, ist eine marktwirtschaftliche Gesellschaft immer eine Gesellschaft von Konkurrenten. Da sich diese Konkurrenz in letzter Instanz selbst aufheben würde, braucht sie eine politische Gewalt, die sie beschränkt - und damit erst so richtig in Kraft setzt: der Staat.
Der Staat entwächst somit der kapitalistischen Produktionsweise und ist auch ökonomisch auf sie angewiesen: Steuern, Wirtschaftswachstum. Damit ist auch klar, worum es ihm geht: um die Vermehrung des nationalen Reichtums. Das heißt, es ist ihm nicht wichtig, ob ein Einzelkapital viel Gewinn scheffelt, oder nicht - das Gesamtkapital muss aber florieren.
Die Demokratie ist die adäquate Herrschaftsform des Kapitalismus, weil sie der ökonomischen Konkurrenz entspricht und somit die ökonomischen Differenzen der Einzelkapitale politisch abwickelt. Penibel genau regelt der Staat die Beziehungen zwischen seinen Bürgern.
Der Staat ist weiterhin Rechtsstaat. Wäre er das nicht, und eine Interessensgruppe wäre an seiner Macht, wäre die Konkurrenz letzten Endes aufgehoben und das wäre dem Staat schädlich.
Weil der Staat den Kapitalismus verwaltet, dies jedoch abgetrennt von den Einzelinteressen tut, nennt man ihn in der marxistischen Theorie den "ideellen Gesamtkapitalisten": er gewährt Sozialhilfe - weil die Grundlage der Ausbeutung, die Arbeiter, sonst zugrunde gehen würden; er gewährt billige Öffis - damit die Leute in die Arbeit und zu den Orten des Konsums kommen können, usw.
Ich werde jetzt einen anderen Post aus einem anderen Forum über Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit reinkopieren:
Der Kapitalismus ist eine Gesellschaft der Freien und Gleichen. Das sind keine Ideale, die es noch zu erreichen gilt - nein, das sind reale Gegebenheiten. Ohne Freiheit würde der Kapitalismus nicht funktionieren. Es gibt meist ein grobes Missverständnis, was Freiheit eigentlich ist. Freiheit ist nämlich nicht die Abwesenheit von Herrschaft, sondern ein umfassend rechtlich geregeltes Leben, das aus Lizenzen, Rechten und Pflichten und dergleichen mehr besteht. Die Freiheit ist damit die adäquate Rechtsform kapitalistischer Konkurrenz, denn das privateigentum braucht die Freiheit. Freiheit bedeutet ja, wie oben bereits geschrieben, über die Mittel, die einem gewährt werden, frei verfügen zu können. Die Konkurrenz würde nicht funktionieren, würde der Staat seinen Leuten befehlen, was sie mit ihrem privateigentum machen (obwohl er ihnen mit der Freiheit quasi aufzwingt, soviel wie möglich für sich rauszuholen). Insofern ist Freiheit nichts anderes als das institutionalisierte privateigentum.
Und auch die Gleichheit ist mehr als nur ein Ideal. Die Freiheit/Konkurrenz würde ja nicht glatt laufen, hätten die einen mehr Rechte als die anderen. Also schafft der Staat eine juristische Gleichheit seiner Bürger, was freilich nicht bedeutet, dass seine Bürger darum alle gleich sind - es wird von ihren Besonderheiten abstrahiert. Aber Gleichheit ist immer eine Abstraktion. Wenn einer rote Haare hat und einer blonde, und ich sage, die sind
gleich, abstrahiere ich zumindest schonmal von ihrer Haarfarbe.
Und damit ist schon klar, was diese Gleichheit letztlich wert ist: nichts. Denn gerade dass der Staat Ungleiche gleich behandelt, hält die Ungleichheit aufrecht. Die abstrakte Gleichheit produziert die konkrete Ungleichheit.
Von diesem Standpunkte aus muss die Freiheit scharf kritisiert werden. Sie bringt uns nämlich nur !§#$%&? mit: Armut, Umweltzerstörung, keine Zeit, !§#$%&? im Essen, Produkte, die nach der Ablaufzeit kaputt werden, etc.
Freiheit steht einer gemeinsam vernünftig geplanten Produktion im Wege.
Da nun die Rechtsformen, der bürgerlichen Ordnung geklärt sind, kommen wir zur Gerechtigkeit bzw. zur Moral: Moral ist nun einerseits die Übernahme des Rechts, also letztlich die Verinnerlichung von Herrschaft und andererseits auch immer ein Appell an die Herrschaft irgendwelche Moralvorstellung in geltendes Recht zu verwandeln. Und Gerechtigkeit ist nichts anderes, als die Erhebung von Recht, das mittels Gewalt durchgesetzt wird, zu einem höheren moralischen Wert. Und insofern ist in unserer Gesellschaft Gerechtigkeit sehr wohl gegeben - eben als Moralvorstellung der Staatsbürger.
"Was ist Gerechtigkeit anderes, als daß jeder tue in seinem Stand, was er schuldig ist."
- Martin Luther. Irgendwie hat ers auf den Punkt gebracht^^
Angemerkt sei noch, dass eine Kritik der Freiheit gar nicht das Gleiche ist, wie irgendwelche Repressionsapparate zu fordern (im Gegenteil: eben ein solcher Apparar schafft doch die Freiheit!). Wir sind gegen Herrschaft und Ausbeutung und Freiheit ist nichts anderes als die von ersterem verordnete Rechtsform von zweiterem. Es ist das gleiche mit der Demokratie: die Demokratie zu kritisieren ist nicht dasselbe wie für Diktatur zu sein.
Staatsidealisten sprechen dem Staat Funktionen zu, die er nicht hat. Der Staat kann bspw. keinen Sozialismus machen, weil er eben der bürgerlichen Produktionsweise entwächst. Spricht man ihm eben diese Eigenschaft zu, ist die Konsequenz ein sog. "Arbeiter- und Bauernstaat", der alles, nur nicht sozialistisch ist.