Wenn ich zum Bäcker gehe, um Brötchen zu kaufen, dann feilsche ich doch nicht um 20 Cent oder 21 Cent. Der Bäcer schreibt einen Preis dran, den er angemessen findet, und entweder finde ich denselben Preis ebenfalls angemessen, dann kaufe ich das Brötchen, oder ich finde ihn unangemessen, dann kaufe ich es nicht. Für ein Schoko-Wuppi von Kamps finde ich 1€ durchaus angemessen, und bekomme dann sogar noch 1 Cent zurück, weil die Verkäuferin kein Trinkgeld annimmt! DAS ist die Realität der bundesdeutschen Marktwirtschaft.
Du denkst also, der Preis wäre eine Sache, die du oder der Händler im Griff hätte?
Preis und noch viel wichtiger Wert sind keine Fragen der Ware, die da gekauft werden soll, sie sind den Waren nicht eigen, sie sind Produkte einer Relation, nämlich der Tauschbeziehung zwischen den Waren. Ob du einen Preis angemessen findest oder nicht, ist vollkommen irrelevant, so kommen Preise nicht Zustande, sondern durch Tausch.
Warum erscheint dir der Euro denn angemessen? Du tust so, als wäre das selbstverständlich. Dabei ist es lediglich naiv, das kratzt noch nicht mal an der Oberfläche.
Dass du Trinkgeld zum Maßstab der Wirtschaft machen möchtest, ist dann schon wieder so absurd, dass ich mich frage, ob du das überhaupt ernst meinst oder in Wirklichkeit nur einen Strohmann für mich aufstellen willst, damit ich möglichst problemlos bürgerliche Borniertheit vorführen kann. So einfach musst du es mir gar nicht machen.
Mir ist es dabei völlig schnurz, was der "durchschnittliche gesellschaftliche Arbeitsaufwand" wäre, ein Wuppi zu backen. Für mich persönlich wäre der Aufwand der, erstmal meinen Mini-Backofen irgendwo an Strom anzuschließen, dann einen Teigling mit Schokstückchen reinzutun und 20 Minuten zu vertrödeln, bis der eine Wuppi fertig gebacken ist - und das nur, weil ich in einem real-Markt mit einem Kamps drin gerade Appetit auf ein Wuppi bekommen habe. In denselben 20 Minuten hat der Bäcker 20 Wuppis verkauft und wieder 20 Wuppis im großen Ofen nachgebacken. Der individuelle Aufwand für den Bäcker ist also wesentlich kleiner als der individuelle Aufwand des selber-Backens für mich - der "durchschnittliche gesellschaftliche" Aufwand kann dagegen viel größer sein, weil es in der "Gesellschaft" sicher viele Leute gibt, die noch schlechter backen können als ich.
Jeder Brötchenkauf kommt also nur zustande, weil er ein Geschäft zum beiderseitigen Vorteil ist. Oder nach Adam Smith: weder der Wohltätigkeit des Bäckers, (noch seiner Verhandlungsschwäche, oder gar seiner Dummheit) verdanken wir unsere Brötchen, sondern nur schlicht und einfach seinem gesunden, wohlverstandenen Eigennutz.
Du hast Recht, die Genese des Wertes ist dir Schnurz, er konstituiert sich auch ohne deinen Willen, der Wert braucht dich nicht, um sich selbst zu setzen.
Ich habe doch zu keinem Zeitpunkt gesagt, dass unser Gesellschaftssystem eines ist, das einem Willen unterliegt. Es unterliegt selbstverständlich nur der gesellschaftlichen Objektivität.
Deine Ausführungen zum Wertgesetz, die es eher bestätigen als widerlegen, führen keineswegs zu dem Schluss, dass hier etwas zu beidseitigem Vorteil geschehen würde. Was du erklärst, ist lediglich die Notwendigkeit der Arbeitsteilung, aber keinesfalls, warum es notwendig sein sollte, die Produkte und die Produktion über den Tausch zu vermitteln. Es ist evident, dass der Käufer immer einen niedrigeren Preis zahlen möchte als der Verkäufer verlangen möchte, ein unauflösbarer Interessenkonflikt. Der Grund, weshalb man sich doch auf einen Preis einigt, ist die Konkurrenz zwischen den Verkäufern. Du bist nur deshalb bereit, 1€ für wasauchimmer zu bezahlen, weil kein Verkäufer da ist, der es für 0,95€ verkauft und aus keinem anderen Grund - die Genese des Wertes geht dabei vollkommen an dir vorbei.
Dass du das ganze für selbstverständlich hälst und dir darüber zu keinem Zeitpunkt Gedanken machst - würde ja eh nix ändern - ist mir durchaus bewusst. Dir auch?